„Junge, warum tanzen die Gummibären am Es-gibt-keinen-Strand den Bronze-Tanz zur Kraaaa-Musik aus dem Ohrwurm-Automat?“
Einiges- zum Beispiel obiger Satz- ist wohl nur schwer zu erzählen bzw. zu erläutern. Für alles andere der folgende Fahrtbericht eines absolut genialen Tauchurlaubs an der Costa Brava:
Donnerstag, 28. Mai 2009. Das Wetter in Münster war mäßig, als sich am Nachmittag die endgültige Cadaqués-Combo formatierte. Mit einem riesigen silbernen Schlachtschiff und der Aussicht auf einen Tauchurlaub unter besten Bedingungen sollte es nach Nordspanien gehen. Unser Betreuungsverhältnis- traumhaft: Auf sechs Teilnehmer drei Übungsleiter: Kursleiterin Daniela, Christian, der in den ersten drei Tagen uns drei Bronzeanwärter ausbilden würde und Stefan, welcher sich später als Zacki-Profi herausstellte- doch damit ist schon vorgegriffen.
Somit stand der Kurs und unser Schlachtschiff verließ den Tauchstall-Vorplatz in Richtung „Sonne“. Die Reiseroute führte über Luxemburg, später durch Frankreich ( erwähnenswert besonders die fiese „Links fahren, danach gleich scharf links fahren“-Anweisung des Navis in den Straßen- pardon, „Gassen“- von Lyon) an die spanische Costa Brava. Mit Schokokuchen bei Laune gehalten, nutzten wir die insgesamt recht staulose Fahrt, uns gegenseitig kennenzulernen und festzustellen, dass das Schlachtschiff trotz seiner Größe wenig schlaffreundlich gebaut war.
Am Vormittag des folgenden Tages erreichten wir Spanien, welches mit angemessenen 27°C einen sonnigen Aufenthalt versprach. Kurz vor der Bergkette, die unseren Zielort Cadaqués vom Rest der Welt abschnitt, legten wir noch den einen oder anderen Kunststopp ein und versorgten uns mit letztem Tauchmaterial und Lebensmitteln. Während der letzten Kilometer aus kurvigen Bergstraßen bot sich bereits der Anblick, den wir die nächsten Tage haben würden: Weiß getünchte Häuseransammlungen zwischen mehr oder weniger grün bewachsenen Bergen, dahinter strahlend blaues Meer unter wolkenlosem Himmel. So weit sehr gut.
Die Tauchbasis „Ulla und Paul“ selbst liegt inmitten einer Appartementanlage und grenzt an zwei Buchten: Die Hausbucht („El Bofill“), an welcher Basisgebäude mit Kompressor- und Materialraum liegen und die „Oliguera“ in unmittelbarer Nähe. Erstere, so viel soll an dieser Stelle vorweg genommen werden, zeichnet sich durch dicht bewachsenene und von Fischen unterschiedlicher Art und Größe bewohnte Gräben mit Felsspalten, in die ein genauerer Blick zu werfen sich oftmals lohnt, aus. Auf dem Grund der „Olli“ liegt ein nicht weniger belebtes Wrack, über dem wohl fast ständig riesige Fischschwärme stehen. Kurz gesagt: Ein Tauchtraum.
Nachdem wir unser Appartement bezogen und die Tauchutensilien an der Basis abgegeben hatten, wurde der Ort erkundet und ein erster Blick (schnorchelnderweise) ins Wasser geworfen, welches bereits in Apnoe-Tiefe voller Fische und Pflanzen ist und Vorfreude auf mehr von der Unterwasserwelt breit werden ließ.
Die ersten Tauchgänge waren für Samstag geplant, wo sich, zumindest für diejenigen, die bereits das eine oder andere Brevet innehatten, ein sehr entspannter Tagesablauf einstellte: Von der Sonne, die zumindest mir bereits morgens mit voller Wucht ins Gesicht schien, geweckt, folgte ein Frühstück in großer Runde im Obergeschoss des Appartements, in dem die Ülis Quartier bezogen hatten. Auf der Themenliste stand dabei neben der regelmäßigen Reflexion des jeweils vergangenen Abends –Gummibären, kra, kraaaa!- die Aufteilung der brevertierten Taucher in Teams aus zumeist überschaubaren drei Leuten für einen Vormittags- und einen Nachmittagstauchgang. Zwischen den Tauchgängen war Siesta, die der Stickstoffentsättigung und – zumindest Teilen der Gruppe- dem Erlernen fremder Zungen (Arabisch- „isnich“, Jura, Möwisch und Gummibärisch) diente, abends folgte auf das nach Stefans sorgfältig und großartig ausgearbeitetem Plan zubereitete Essen der Ausklang auf der Terrasse (die drei dominierenden Geräusche: „Kraaa, kraaaa!“, „Gummibären!“ und ein überaus lautes Schnarchen hier nicht näher zu bezeichnender Hochschulsportler…) oder im „Hostal“.
Für die drei Bronzeanwärter sah das Tauch-Programm in den ersten Tagen jedoch anders aus: Der Weg zum heiß ersehnten (…) CMAS*-Tauchschein war geprägt von kurzen theoretischen Einheiten, die der Vorbereitung auf die teils noch zu schreibende Klausur diente und praktischen Übungen. Aber auch wir kamen nach dem ersten Schnorchel-Schwimmen am Vormittag bereits am Samstag dazu, unsere Geräte „zusammenzurödeln“ (wer es einmal gemacht hat, weiß, wie treffend dieser Ausdruck ist) und im Neopren-Anzug einen ersten Tauchgang (erst einmal nur auf sechs Metern) zu machen.
Zu allen weiteren Ausbildungstauchgängen ist von meiner Seite noch folgendes anzumerken: Die Übungen (Maske ausblasen, Tarierübungen, Wechsel- und Oktopusatmung etc.) im Freiwasser auszuführen, ist ohne Vorbereitung, wie meine beiden Mitanwärter unter Beweis gestellt haben, offensichtlich möglich- dennoch war und bin ich für den vorher absolvierten Schwimmbadkurs und das relativ konstant besuchte Apnoe-Training dankbar: Die theoretische Arbeit zu entlasten, die Übungen bereits aus der qualifizierten Anleitung im Schwimmbad zu kennen und durch strukturiertes Training eine grundlegenden Tauch- und Schwimmkondition zu haben, erleichterte es mir ungemein, mit den Eigenheiten des Freiwassers (Strömung, unebener Boden, „ablenkende“ Fische etc.) zurecht zu kommen.
Besonders der –so oder so hervorzuhebende- Ausbildungs-Abschlusstauchgang an der „Haifischflosse“, einer Felsformation in einer unmittelbar vor Cadaqués gelegenen Bucht, hat dies bewiesen: Die von Christian beabsichtigte Erkenntnis, dass Tauchen nicht zwangsläufig ein vollkommen triviales Freizeitvergnügen ist, erlangten wir spätestens, als wir gegen leichte Strömung und verhältnismäßig herausfordernden Wellengang schwimmen und unter den selben Bedingungen die Aufgaben Streckentauchen und Taucherbergung bewältigen mussten. Hier war ich persönlich für jede Pool-Diver-Übung und jede vorangegangene Trainingseinheit im Schwimmbad dankbar.
Die Belohnung folgte jedoch sofort: Nachdem die letzten Apnoe-Aufgaben erledigten waren, eröffnete sich uns eine meiner Ansicht nach noch weitaus schönere, vollkommen unbekannte Unterwasserwelt, so dass nach dem krönenden Abschluss der angedeuteter Wechselatmung und Out-of-Air-Aufstieg so viele faszinierende Eindrücke verblieben, dass der Rückweg (mit der Strömung) wesentlich leichter fiel, zumal dies den Abschluss der praktischen Bronzeausbildung markierte (über Details der Verkündung sollte besser geschwiegen werden…).
Praktisch ausgebildet und fortan den Titel CMAS*-Taucher (ich vermeide aus bestimmten Gründen, die zweifellos ebenso korrekte Bezeichnung „Bronze!“ zu verwenden) tragend, fügte sich somit auch die Gruppe um Christian für die verbleibenden Tage in den oben beschriebenen Tagesablauf ein.
Auf den Fun-Tauchgängen erwarteten uns die berüchtigten Zackenbarsche (die, sofern sie plötzlich auftauchen, den Luftverbrauch erheblich erhöhen…), zumeist recht träge „Oktopussis“, Langusten, Schnecken in den seltsamsten Farben und Unmengen an Schwarmfischen. Wenngleich die Unterwasserwelt ihrerseits viel Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, so trug die fortwährende Übung und die wechselnden Taucher-Konstellationen scheinbar unbemerkt dazu bei, dass man sich den einen oder andere Trick bei den erfahreneren Kursteilnehmern, die ihrerseits ihre Kompetenzen (etwa in puncto Gruppenführung) ausbauen konnten, abgucken konnte.
Das besondere Prozedere der Tauchvor- und –nachbereitung („Flaschenanrödeln“, Kram zusammensuchen, der schwerste aller Einstiege: Anzug, Briefing, Wegräumen des Materials und Debriefing) nimmt übrigens zwar einen nicht unbeachtlichen Teil der Zeit in Anspruch, geht aber sehr schnell in Fleisch und Blut über (aber nicht unbedingt schneller…) und ist an der Basis von einer besonderen Atmosphäre geprägt, die dem Einstellen auf den bevorstehenden Tauchgang bzw. der „mentale Nachbereitung“ ungemein zuträglich sind.
Als ob die spektakuläre Unterwasserwelt an sich noch nicht faszinierend genug gewesen wäre, hatten unsere Übungsleiter für die letzten beiden Tauchtage noch zwei besondere Highlights angekündigt: Für Donnerstagabend war ein Nachttauchgang angesetzt, auf dem wir die selteneren Meeresbewohner wie Sepien zu sehen bekamen und das Phänomen des „Meeresleuchten“ erlebten. Am Freitagmorgen folgte ein Bootstauchgang bei „El Gato“, an dessen Steilwänden seltene Gorgonien, für Bronzetaucher recht ordentliche Tiefen und riesengroßen Zackenbarsche lockten.
Vermutlich schon auf der Rückfahrt mit dem, nichtsdestoweniger fahrtüchtigen, Boot mit der nicht sonderlich vertrauenserweckenden kaputten vorderen Luftkammer, spätestens jedoch beim gründlichen Waschen der Ausrüstung nach dem Abschlusstauchgang am Nachmittag setzte sich jedoch langsam aber sicher die Erkenntnis durch, dass auch dieser Urlaub viel zu bald ein Ende nehmen würde.
Irgendwer hatte sich wohl entschieden, uns den Abschied zu erleichtern: Nach einem großartigen Tapasessen in einem Fischrestaurant in Cadaqués zog nach tagelangem Sonnenschein ein Gewitter auf, dessen Blitze die komplette Bucht taghell erleuchteten und dessen Wassermengen die Straßen des Ortes in kleine Bäche verwandelten.
Nach diesem spektakulären Überwasser-Ereignis traten wir am nächsten Morgen bei bewölktem Himmel den geordneten Rückzug an und freuten uns bei jedem Regentropfen, ein solches Glück mit dem Wetter gehabt zu haben. Auf die Ankunft am Tauchstall gegen drei Uhr morgens (selbstredend im Nieselregen) folgte das ordnungsgemäße Auspacken der Ausrüstung und der Abschied, nach dem jeder für sich den Heimweg antrat, im Kopf noch verschiedene Erinnerungen an Über- und Unterwassererlebnisse, welche recht eindeutig klarmachen, warum die Cadaquésfahrt auf jeden Fall ein in jeder Hinsicht lohnenswerter fester Bestandteil des Tauchsports im HSP ist: Wenngleich auch deutsche Seen mit Sicherheit ihre eigenen Reize haben und auch die Atmosphäre im Stadtbad Mitte und im Pipeline bemerkenswert gut ist, so kann ich einen richtigen Tauchurlaub über mehrere Tage, der von jeder Menge Überwasser-Spaß, bezaubernden Unterwasserwelten mit herrlicher Sicht und faszinierenden Bewohnern und einer vollkommen entspannte Stimmung nur wärmstens empfehlen. Bleibt nur noch, ein ausdrückliches Lob an alle Beteiligten, Fahrtteilnehmer wie auch im Vorfeld engagierte Übungsleiter, auszusprechen, die in irgendeiner Form zum „taucherischen“ und organisatorischen Gelingen beigetragen haben.